Der USP der Schuhreihe trifft mitten ins Herz der Zielgruppe, junge Frauen zwischen 16 und 35 Jahren: Schluss mit schmerzenden Füßen und gezerrter Rückenmuskulatur nach durchtanzten Nächten oder einem langen Tag im Büro. Mit der Schuhreihe „GO sexy“ übertrifft frau auch nach Stunden andere durch einen attraktiven Gang, mehr noch, die Schuhe trainieren diesen Gang sogar. So ist „GO“ auch als Aufforderung im Sinne von „sei“ oder „werde“ zu verstehen. Der Schuh als Trainingsgerät für eine immer bessere Ausstrahlung ist ein Hightech-Produkt. Absatz und Sohle bestehen zum Teil aus Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM), diese federn die Schritte ab. Ein Hauch der Unerreichbarkeit umgibt die Trägerin auf ihren Erfolgstouren durch Disko und Job, diese stets abwechslungsreichen Herausforderungen besteht sie mit Leichtigkeit. Ideen zur Produktdifferenzierung gibt es auch schon: Die Schuhreihe „GO sexy“ wird ergänzt durch die im Design seriösere Highheel-Variante „GO business“, Anlassbezogene Erweiterung möglich („Go royal“ usw.).
Die Copy-Strategie wurde in zwei TV-Spots umgesetzt: „I want to go like her“ gesteht Lena Feldmann und weist auf ihre Kollegin, dargestellt von Sarah Liedtke, die trotz sehr hoher Schuhe straight und grazil durch das Büro schreitet: Der Neid der Kollegin als Ritterschlag! Die Gelobte verrät ihr Geheimnis, allerdings nur gehaucht und direkt in die Kamera: „GO Business.“ Der berühmte Hamm Reno Trailer ertönt: „These boots are made for walking“. Ende des selbstgedrehten und -geschnittenen Werbespots.
Der Werbespot zur Reihe „GO sexy“ wurde im Garten des Alando Palais gedreht. Momente spontaner Begeisterung während der kreativen Umsetzung, und der Verzicht auf ein Story-Board führten am Ende zu einem ebenfalls überzeugenden Werbespot, wobei die Copy-Strategie leicht verzerrt wurde: Erfreuten sich doch hier sämtliche Darstellerinnen an den gut sitzenden Schuhen, so dass die Kernaussage, der Neid- und Konkurrenzfaktor, ins Hintertreffen geriet.
Neben der TV-Werbung erarbeiteten die Schüler/-innen Vorschläge für Below-the-Line-Maßnahmen: Einen Laufsteg-Contest in den Reno-Filialen für junge Kundinnen und eine Zusammenarbeit mit dem TV-Format „Shopping Queen“ und ihrer Leitfigur Guido Maria Kretschmer im Bereich Sponsoring bzw. Placement. Dr. Händle war sehr angetan von der Arbeit der angehenden Kaufleute für Marketingkommunikation und gab ihnen konstruktive Rückmeldung für ihre Arbeit mit auf den Weg. Dr. Händle warnte vor Markenüberdehnung, wo echte Differenzierungsmöglichkeiten fehlten („GO sexy“ versus „GO business“) und mahnte zur Mäßigung bei der Verplanung von Millionenbudgets für Kampagnen. Die folgende Diskussion kreiste um das Thema Arbeitssicherheit und Entlohnung an den Produktionsstandorten in Fernost. Pressemeldungen über einstürzende Fabriken in Bangladesch und über bittere Armut und sklavenartige Ausbeutung der Mitarbeiter/-innen, insbesondere in der Bekleidungsindustrie, schrecken die Konsumenten auf. Warum sorgen westliche Industrieunternehmen nicht dafür, dass Konsumenten/-innen Bekleidung und Schuhe mit der Sicherheit kaufen können, dass diese unter Bedingungen produziert wurden, die den Fabrikmitarbeitern/-innen eine selbstbestimmte finanzielle Existenz ermöglichen? Wie stark sind Wille und Einfluss westlicher Industriebetriebe, diese Verhältnisse zu verändern? Ist der Druck auf die beteiligten Unternehmen, die in diesen Ländern produzieren von Seiten der Konsumenten vielleicht zu gering? Welche Verantwortung tragen auch Dienstleister der Marketingkommunikation, wenn sie sich als ein zentrales Zahnrad dieser Industrie diesen drängenden ethischen Fragen mit einem Achselzucken auf die Seite der nicht Verantwortlichen stellen und wirkungsvolle Kampagnen zur Steigerung der Konsumintensität verkaufen? Rechtfertigen fehlende Transparenz und individueller Wunsch von Konsumenten/-innen nach modischer und preiswerter Kleidung den sorglosen Einkauf, wie er beim Shoppen gelebt wird?